Matcha Cheesecake, Matcha-Rollcake, Matcha-Cookies oder doch ein herrlich weiches Matcha-Korone? Matcha-Fans in der Hauptstadt haben seit Kurzem eine neue Heimat gefunden: Berlins erste japanische Bäckerei Kame (mit Café) in Charlottenburg.
Wir haben uns mit den Besitzern Machiko Yamashita und Daniel Roters sowie Bäckerin Kaoru Kameyama und Tee-Expertin Atsuko Isoyama für ein interessantes Gespräch über Matcha-Backwaren, die Besonderheit japanischer Brote und die gesundheitlichen Vorzüge von Matcha getroffen.
Kaoru, wie kam es dazu, dass Du wir Deinen Matcha-Cheesecake heute in Berlin essen können?
Kaoru: Ich hatte schon länger großes Interesse an Deutschland und seiner Kultur. Außerdem interessiere ich mich für Brot und Bio-Produkte.
Nachdem ich in Japan sechs Jahre lang in einer Bäckerei angestellt war, habe ich mich entschieden, die Chance zu nutzen und per Working Holiday nach Berlin zu kommen. Und dann bin ich geblieben.
In Deutschland haben viele Bäcker Probleme, junge Menschen für Ihre Arbeit zu begeistern – was sicherlich auch an den Arbeitszeiten liegt. Was hat Dich dazu gebracht, Dich für den Beruf der Bäckerin zu entscheiden?
Kaoru: Das gleiche Problem besteht auch in Japan. Ich backe jedoch einfach gerne Brot. Das begann bereits als Kind, als ich gemeinsam mit meiner Oma gebacken und gekocht habe.
Japan ist im Ausland nicht wirklich für seine Backwaren bekannt. Warum sollte man Melonpan, Anpan, Matcha-Korone und anderes japanisches Backwerk trotzdem probieren?
Machiko: Es ist wirklich völlig unbekannt. Probieren sollte man es, weil es einfach etwas ganz anderes ist.
Ursprünglich war die Art Teige herzustellen stark von Frankreich beeinflusst. Mit der Zeit wurde sie aber immer mehr dem japanischen Geschmack angepasst. Ein Beispiel ist die Konsistenz des Teigs, die besonders weich ist. Zudem besitzt Brot in Japan meist eine Füllung (zum Beispiel Curry oder süße Bohnenpaste) und muss nicht erst noch bestrichen oder belegt werden.
Daniel: Es wird also quasi sofort „verzehrfertig“ verkauft.
Wie kam das Brot überhaupt nach Japan?
Daniel: Historisch gesehen kommt der japanische Begriff für Brot (Pan) aus dem Portugiesischen und gelangte mit christlichen Missionaren im 16. Jahrhundert ins Land. Richtig verbreitet hat sich die Backkultur allerdings wohl erst in der Meiji-Zeit (1868–1912). Dies war auch die Zeit in der Anpan (ein mit süßer Bohnenpaste gefülltes Hefebötchen), das klassischste japanische Backwerk, erfunden wurde.
Ich würde sagen, dass Backwaren in den letzten Jahren zu einem richtigen Trend in Japan geworden sind. Außerdem wird dort meiner Meinung nach der handwerkliche Aspekt des Backens höher geschätzt. Die richtige Technik muss genau erlernt werden.
Ist es schwer, in Deutschland die richtigen Zutaten für japanische Backwaren zu bekommen?
Machiko: Das fängt schon mit der Suche nach dem richtigen Weizenmehl an! Wir haben mit vielen unterschiedlichen Sorten experimentiert, bis wir ein geeignetes Mehl für unsere Matcha-Korone und anderen japanischen Backwaren gefunden haben. Um ehrlich zu sein, sind wir immer noch nicht hundertprozentig zufrieden.
Was macht die Suche nach dem richtigen Mehl so schwer?
Machiko: Der Eiweißgehalt. Für unsere Backwaren benötigen wir einen besonders hohen Eiweißanteil, der in Deutschland schwer zu bekommen ist. Er ist aber entscheidend, für die typisch weiche Konsistenz japanischer Backwaren. Sie sind etwas saftiger und besonders weich.
Kaoru, hat sich Deine Art zu Backen verändert, seit Du in Deutschland arbeitest?
Kaoru: Das hat sie. Deutsche Kunden mögen lieber einen intensiveren Geschmack. Beispielsweise sind sie mehr Salz im Essen gewohnt.
Machiko: Es ist gar nicht einfach, hier einen Mittelweg zu finden, denn unsere japanischen Kunden empfinden es sonst als zu würzig oder etwas zu süß.
Was ist Dir bei Backwaren besonders wichtig?
Kaoru: Du meinst außer dem Geschmack? Ich finde Backwaren sollten mit Liebe gemacht werden und eine schöne Form haben. Außerdem muss die Qualität immer gleich hoch sein.
Auf welches Produkt bist Du besonders stolz?
Kaoru: Anpan! Oder auch Korone. Ich mag den Herstellungsprozess. Wenn die Form am Ende perfekt herauskommt, gibt mir das einfach ein gutes Gefühl.
Was sollten Hobbyköche beim Backen mit Matcha beachten?
Machiko: Kaoru achtet sehr auf die Farbe unserer Matcha-Backwaren, da sie sich durch die Hitze schnell verändert. Deshalb produziert sie im Kame auch eher gefüllte Backwaren mit Matcha-Creme.
Und welches ist das beliebteste Matcha-Produkt im Kame?
Machiko: Unser Matcha-Käsekuchen ist definitiv der Renner unter den Matcha-Backwaren.
Nach welchen Kriterien habt Ihr den Matcha und die anderen Tees für das Kame ausgewählt?
Atsuko: Es gibt mehrere Gründe, warum wir uns gerade für diese Matchas entschieden haben. In erster Linie war natürlich der Geschmack entscheidend. Dann musste das Verhältnis zwischen Qualität und Preis stimmen, so dass wir unseren Gästen einen guten Matcha zu einem fairen Preis anbieten können.
Was die andern Grüntee-Sorten betrifft, war es klar, dass wir neben Matcha auch Sencha anbieten wollten, da er im Ausland schon fast als Synonym für grünen Tee aus Japan steht. Gyokuro wäre ein weiterer Kandidat gewesen. Er ist der hochwertigste Schattentee aus Japan, aber erstens sehr teuer und zweitens nicht leicht zuzubereiten. Man muss auf viele Dinge wie beispielsweise die exakte Wassertemperatur oder die Härte des Wassers achten. Deshalb haben wir uns für einen Kabusecha entschieden. Er ist teilweise beschattet gewachsenen und eignet sich eher für die alltägliche Zubereitung. Dann haben wir u.a. noch einen Kamiricha. Das ist ein leicht gerösteter Grüntee, der uns einfach vom Geschmack und Aroma her überzeugt hat.
Bei all dem muss man jedoch bedenken, dass wir eine Bäckerei mit Café und kein auf Tee und Teezubereitung spezialisiertes Lokal sind. Um es den Gästen möglichst einfach zu machen, füllen wir Blatt-Tee vor dem Servieren auch in Teebeuteln ab.
Wie viele unterschiedliche Matcha-Getränke habt Ihr gegenwärtig im Angebot?
Atsuko: Wir bereiten im Kame traditionellen Matcha und Matcha-Soy-Latte zu. Für beide benutzen wir natürlich unterschiedliche Matcha-Sorten.
Daniel: Es wäre zu schade, das hochwertige Pulver, das wir für unseren traditionellen Matcha verwenden, mit Sojamilch zu vermischen, da sein feines Aroma so nicht richtig zur Geltung kommen würde. Das wäre schon „mottainai“ (in etwa: respektlos/Verschwendung), wie man in Japan sagt.
Wieso habt Ihr Euch beim Matcha-Latte gerade für Sojamilch entschieden?
Atsuko: Sojamilch passt erst einmal geschmacklich sehr gut zu Matcha. Der andere Grund ist, dass die Aufnahme der gesundheitsfördernden Catechine, die in Matcha enthalten sind, durch bestimmte Enzyme in Kuhmilch blockiert wird.
Du bist also von den positiven Effekten von Matcha überzeugt?
Atsuko: Natürlich ist der gegenwärtige Hype um Matcha auch ein Ergebnis der Werbung. In Japan und China ist es jedoch schon lange bekannt, dass Matcha und grüner Tee im Allgemeinen sehr gesund sind.
Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass viele Teezeremonie-Teemeisterinnen auch mit über 80 Jahren noch sehr gesund sind. Sie haben zum Beispiel sehr selten hohen Blutdruck, Diabetes oder Krebs. Außerdem haben sie noch immer überdurchschnittlich schöne Haut. Haha.
Nun haben Japaner aber auch generell eine hohe Lebenserwartung.
Atsuko: Ja, aber den Teemeisterinnen geht es da noch einmal besser. Die sind wirklich alle noch sehr fit. Haha.
Woher stammt Euer Matcha?
Atsuko: Wir benutzen traditionell angebauten Matcha aus Uji (Präfektur Kyoto). Bei der Auswahl haben wir auch viele Bio-Matchas probiert, aber leider haben sie uns nicht so gut geschmeckt. In Japan ist Bio-Matcha noch wenig verbreitet. Ich habe es ehrlich gesagt auch in der Teezeremonie nie erlebt, dass ein Bio-Matcha verwendet wurde.
Bestand die Idee, eine japanische Bäckerei zu eröffnen, bereits bevor Ihr Kaoru kennengelernt habt?
Machiko: Nicht unbedingt eine Bäckerei, aber irgendetwas mit japanischem Handwerk. Ich habe schon immer das japanischen Handwerk geliebt und in Japan selbst Design studiert. Unsere Idee war es, japanische Handwerker/Spezialisten nach Deutschland zu holen, damit sie vor Ort ihre Produkte produzieren können.
Daniel: Wir sind beide sehr am Kulturellen interessiert und wollen die Perfektion und die Spezialisierung des japanischen Handwerks präsentieren.
Leider ist es für viele japanische Handwerker ein großer Schritt ins Ausland zu gehen. Bei Leuten mit akademischem Hintergrund ist es ein wenig einfacher, da bei ihnen oft die finanzielle Absicherung durch die Familie stärker ist. Deshalb arbeiten wir daran, eine Art Austauschprogramm zu entwickeln, mit dem wir japanischen Bäckern oder anderen Handwerkern die Möglichkeit bieten, unkompliziert ein oder zwei Jahr in Deutschland zu verbringen. So könnten wir neben einer bewusst begrenzten Anzahl an Stammprodukten auch regelmäßig besondere Spezialitäten im Kame anbieten
Das heißt man kann im Kame bald nicht nur Matcha-Cheesecake, sondern beispielsweise auch japanische Keramik erhalten?
Machiko: Genau, wir haben jetzt genügend Platz und können neben der japanischen Küche auch weitere Handwerkskunst präsentieren. Allerdings wollen wir nicht nur fertige Produkte verkaufen, sondern die Künstler und Handwerker weiter einbinden, zum Beispiel durch Workshops.
Interessant, aber wie kam es nun dazu, dass Ihr Berlins erste japanische Bäckerei eröffnet habt?
Daniel: Machiko und ich kennen japanische Bäckereien aus Japan und haben uns schon länger gefragt, warum es so etwas eigentlich nicht in Berlin gibt. Als wir dann vor ungefähr zwei Jahren mit Kaoru eine erfahrene Bäckerin kennen gelernt haben, stand für uns fest, es einfach selber zu machen.
Machiko: Wir haben ganz klein angefangen und erstmal nur auf dem Winterfeldmarkt in Schöneberg verkauft. Später kam dann ein Stand in der Markthalle Neun in Kreuzberg hinzu.
Daniel: Richtig los ging es vor ungefähr einem Jahr, als wir in diese Küche investiert haben.
Der Standort ist für eine japanische Bäckerei schon etwas ungewöhnlich. Charlottenburg wäre mir in Berlin jetzt nicht als erste Wahl eingefallen.
Daniel: Uns auch nicht! Haha
Machiko: Das war eigentlich zwangsweise.
Daniel: Wir hatten die Küchenräume wie gesagt schon vorher zur Produktion der Backwaren angemietet. Im jetzigen Café-Bereich befand sich zu diesem Zeitpunkt eine Bar, deren Besitzer die Küche nicht gebraucht hat. Diese Bar hat dann jedoch geschlossen und wir mussten praktisch die vorderen Räume dazumieten, da wir sonst möglicherweise auch die Küche aufgeben hätten müssen.
Das heißt, das Café war eigentlich noch gar nicht geplant?
Machiko: Genau. Wir dachten, das sei zu schnell und hatten erstmal vor, auf den Märkten weiter zu arbeiten.
Daniel: Aber man wächst ja bekanntlich mit seinen Aufgaben.
Der Standort hat sich im Nachhinein sogar als eine sehr gute Entscheidung herausgestellt, da in Charlottenburg tatsächlich viele Japaner wohnen. Außerdem ist die Kantstraße mit ihren asiatischen Läden nicht weit und viele unsere Kunden kommen beispielsweise auch aus Korea.
Ihr seid also mit der Entwicklung des Kame ganz zufrieden?
Daniel: Auf jeden Fall. Wir haben, wie gesagt, noch diverse Pläne, aber wir werden uns Stück für Stück weiterentwickeln und weiter verbessern.
Wäre da noch die Frage nach dem Namen. Ich vermute mal, es hat auch mit Kaorus Nachnamen „Kameyama“ zu tun?
Machiko: Das stimmt. Außerdem gilt Kame, also die Schildkröte, in Japan seit Jahrhunderten als Glückssymbol.
Was könnt Ihr zum Einrichtungskonzept des Kame sagen?
Machiko: Es ist Daniels eigener Geschmack.
Daniel: Bis auf zwei, drei Sachen haben wir mit ein bisschen Unterstützung alles Stück für Stück selbst zusammengebaut. Auch aus Kostengründen. Glücklicherweise hatte ich in einem früheren Teil meines Lebens einmal eine Tischlerausbildung gemacht und Lust, meine eigenen Ideen hier umzusetzen.
Womit wir wieder bei der Wertschätzung des Handwerks wären.
Daniel: Ja. Genau deswegen funktioniert unsere Arbeitsteilung auch so gut. Ich bin wirklich froh, dass in diesem Team jeder seine Stärken einbringen und sich auf seinen Spezialbereich konzentrieren kann. Dass ist letztendlich vielleicht auch das Erfolgsrezept unserer japanischen Bäckerei.
Neben klassischem, japanischem Brot, Matcha-Kuchen und anderen Leckereien wie Melonpan gehören im Kame auch japanische Sandwiches und Onigirazu (eine Art gefülltes Reissandwich) zum festen Angebot. Die ohne Konservierungsstoffe hergestellten Backwaren werden übrigens mehrmals täglich nachgebacken, um immer frische Waren in der Auslage zu haben.
Das Interview führte Michael Schön für Matcha-Tee.org
Kame – Japanese Café & Bakery
Leibnitzstraße 45
10629 Berlin
Öffnungszeiten
Mo-Sa 09-20 Uhr
So & Feiertags: Geschlossen